Adipositas verstehen: BMI, Ursachen und wann Behandlung notwendig wird
Die chronische Erkrankung, die oft unterschätzt wird – und was Du darüber wissen musst
25 Min. Lesezeit
Medizinisch geprüft
Wissenschaftliche Grundlage: Dieser Artikel basiert auf der aktuellen S3-Leitlinie der Deutschen Adipositas-Gesellschaft (Oktober 2024) sowie weiteren peer-reviewed Quellen.

1. Was ist Adipositas? Definition und medizinische Einordnung
Adipositas ist eine anerkannte chronische Erkrankung
Adipositas ist keine Frage von Willensschwäche oder mangelnder Disziplin. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) klassifiziert Adipositas seit 1997 als chronische Erkrankung¹ – eine Anerkennung, die auf jahrzehntelanger Forschung basiert.
"Adipositas ist definiert als eine über das Normalmaß hinausgehende Vermehrung des Körperfetts, die mit gesundheitlichen Risiken einhergeht."
— WHO-Definition

Die aktuelle S3-Leitlinie der Deutschen Adipositas-Gesellschaft (Oktober 2024) betont: "Adipositas ist das Ergebnis einer komplexen Interaktion zwischen Biologie und Umwelt. Dementsprechend können Maßnahmen, die nur auf einen Faktor abzielen, kaum erfolgreich sein."²
Warum Adipositas mehr ist als "zu viel Körpergewicht"
Im Gegensatz zu vorübergehendem Übergewicht ist Adipositas durch mehrere Merkmale gekennzeichnet:
Chronischer Verlauf
Die Erkrankung entwickelt sich über Jahre und bleibt ohne Behandlung dauerhaft bestehen. Selbst nach erfolgreicher Gewichtsreduktion besteht eine hohe Rückfallgefahr durch biologische Anpassungsmechanismen.³
Systemische Entzündung
Überschüssiges Fettgewebe – besonders viszerales Bauchfett – produziert entzündungsfördernde Botenstoffe (Adipokine), die den gesamten Organismus belasten.²
Metabolische Dysregulation
Dein Stoffwechsel gerät aus dem Gleichgewicht: Insulinresistenz, gestörte Hormonproduktion und veränderte Energieverwertung sind die Folge.²
Multifaktorielle Entstehung
Genetik, Epigenetik, Stoffwechsel, Hormone, Psyche, Umwelt und soziale Faktoren spielen zusammen – es gibt nicht "die eine Ursache".²
2. BMI-Klassifikation: Wann beginnt Adipositas?
Der Body-Mass-Index (BMI) als Screening-Tool
Der BMI ist die weltweit gebräuchlichste Methode zur Einordnung Deines Körpergewichts. Er berechnet sich aus:
BMI = Körpergewicht (kg) ÷ Körpergröße (m)²
Beispiel:
Du wiegst 95 kg bei einer Größe von 1,75 m
→ BMI = 95 ÷ (1,75 × 1,75) = 95 ÷ 3,06 = 31,0 kg/m²
→ Einordnung: Adipositas Grad I
WHO-Klassifikation für Erwachsene
| BMI (kg/m²) | Klassifikation | Gesundheitsrisiko |
|---|---|---|
| < 18,5 | Untergewicht | Erhöht (Mangelernährung) |
| 18,5 – 24,9 | Normalgewicht | Durchschnittlich |
| 25,0 – 29,9 | Übergewicht (Präadipositas) | Gering erhöht |
| 30,0 – 34,9 | Adipositas Grad I | Erhöht |
| 35,0 – 39,9 | Adipositas Grad II | Hoch |
| ≥ 40,0 | Adipositas Grad III | Sehr hoch |
Quelle: S3-Leitlinie Adipositas 2024²
Die Grenzen des BMI: Was er nicht erfasst
Wichtig für Dich zu wissen
1. Unterscheidet nicht zwischen Muskel- und Fettmasse
Ein muskulöser Kraftsportler kann einen BMI von 28 haben, ohne adipös zu sein. Umgekehrt kann eine Person mit BMI 24 einen hohen Körperfettanteil haben ("normal weight obesity").
2. Berücksichtigt nicht die Fettverteilung
Viszerales Bauchfett ist metabolisch viel gefährlicher als subkutanes Fett an Hüften oder Oberschenkeln – der BMI macht hier keinen Unterschied.⁴
3. Ethnische Unterschiede
Für Menschen asiatischer Herkunft gelten niedrigere Cut-Off-Werte, da metabolische Risiken bereits bei niedrigerem BMI auftreten.²
4. Alter und Geschlecht
Der BMI berücksichtigt nicht, dass Frauen physiologisch mehr Körperfett haben als Männer, und dass mit dem Alter die Muskelmasse abnimmt.
Deshalb betont die S3-Leitlinie: "Neben dem BMI sollten immer auch der Bauchumfang und das Vorliegen von Begleiterkrankungen berücksichtigt werden."²
Möchtest Du wissen, ob bei Dir bereits eine behandlungsbedürftige Adipositas vorliegt?
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3. Die Grade der Adipositas: Von Grad I bis III
Adipositas Grad I
BMI 30,0 – 34,9 kg/m²
Charakteristika:
Leichte bis moderate Adipositas
Gesundheitsrisiko ist bereits deutlich erhöht
Häufig noch keine schweren Begleiterkrankungen, aber oft Vorstufen (Prädiabetes, leichte Hypertonie)
Prävalenz in Deutschland:
Laut RKI-Daten (DEGS1) sind etwa 16% der Männer und 15% der Frauen von Adipositas Grad I betroffen.⁵
Behandlungsempfehlung laut S3-Leitlinie:
Erste Wahl: Multimodale Basistherapie (Ernährung + Bewegung + Verhaltenstherapie)
Bei Erfolglosigkeit nach 3-6 Monaten: Medikamentöse Therapie erwägen
Besonders bei Komorbiditäten: Frühzeitige intensivere Intervention empfohlen²
Für Dich bedeutet das:
Bei Adipositas Grad I hast Du die besten Chancen auf erfolgreiche Gewichtsreduktion durch Lebensstilmaßnahmen. Allerdings zeigen Studien: Nur 20-30% halten langfristig (> 2 Jahre) ein reduziertes Gewicht.²
Adipositas Grad II
BMI 35,0 – 39,9 kg/m²
Charakteristika:
Mittelschwere Adipositas
Gesundheitsrisiko hoch
Begleiterkrankungen häufig bereits vorhanden (Diabetes, Hypertonie, Schlafapnoe, Gelenkbeschwerden)
Prävalenz in Deutschland:
Etwa 5% der Männer und 7% der Frauen sind betroffen.⁵
Behandlungsempfehlung laut S3-Leitlinie:
Multimodale Therapie als Basis
Medikamentöse Therapie sollte frühzeitig erwogen werden
Bei schweren Komorbiditäten: Adipositaschirurgie kann ab BMI 35 indiziert sein²
Für Dich bedeutet das:
Bei Adipositas Grad II ist eine rein konservative Therapie oft nicht ausreichend. Die S3-Leitlinie betont: "In der Pharmakotherapie der Adipositas gibt es seit kurzem eine fulminante Entwicklung mit neuen GLP-1-basierten Pharmaka, die eine eindrucksvolle Senkung des Körpergewichts zeigen."²
Hast Du einen BMI zwischen 35-40 und bereits Begleiterkrankungen?
Eine medikamentöse Therapie könnte für Dich geeignet sein. Prüfe jetzt Deine Eignung.
Adipositas Grad III
BMI ≥ 40 kg/m²
Charakteristika:
Schwere (morbide) Adipositas
Gesundheitsrisiko sehr hoch
Multiple Begleiterkrankungen in der Regel vorhanden
Lebenserwartung um bis zu 12 Jahre verkürzt⁶
Prävalenz in Deutschland:
Etwa 2% der Männer und 4% der Frauen sind betroffen – mit steigender Tendenz.⁵
Behandlungsempfehlung laut S3-Leitlinie:
Multimodale intensivierte Therapie
Medikamentöse Therapie stark empfohlen
Adipositaschirurgie sollte zeitnah geprüft werden – oft effektivste Option²
Für Dich bedeutet das:
Bei Adipositas Grad III ist eine ärztliche Betreuung unerlässlich. Die Erkrankung ist so weit fortgeschritten, dass Eigenversuche mit Diäten kaum Erfolg zeigen werden. Eine Kombination aus medikamentöser Therapie, strukturiertem Programm und ggf. chirurgischer Intervention bietet die besten Erfolgsaussichten.
4. Ursachen von Adipositas: Mehr als "zu viel essen"

Adipositas entsteht durch ein komplexes Zusammenspiel aus Genetik, Hormonen, Psyche und Umwelt
Das komplexe Zusammenspiel multipler Faktoren
Die Vorstellung, Adipositas entstehe einfach durch "zu viel essen und zu wenig Bewegung", ist wissenschaftlich überholt. Die S3-Leitlinie 2024 listet folgende Faktoren:²
Leptin-Resistenz:
Leptin ist Dein "Sättigungshormon", produziert von Deinen Fettzellen. Bei Adipositas entwickelt sich eine Resistenz: Dein Gehirn empfängt das Signal "Ich bin satt" nicht mehr korrekt.⁸
Ghrelin-Überschuss:
Dein "Hungerhormon" Ghrelin bleibt bei Adipositas häufig erhöht – selbst nach dem Essen.⁸
Insulinresistenz:
30-40% der Menschen mit Adipositas haben eine Insulinresistenz, die wiederum Deine Fettspeicherung fördert und Deinen Fettabbau hemmt.⁹
Schilddrüsenunterfunktion:
Hypothyreose verlangsamt Deinen Stoffwechsel und begünstigt Gewichtszunahme. Bei 5-10% der Adipositas-Patienten liegt eine behandlungsbedürftige Unterfunktion vor.²
Polyzystisches Ovarialsyndrom (PCOS):
10-15% der Frauen im gebärfähigen Alter sind betroffen. PCOS geht mit Insulinresistenz und erhöhten Androgenen einher – beides erschwert Deine Gewichtsregulation massiv.²
Zahlreiche häufig verschriebene Medikamente fördern Gewichtszunahme:²
Antidepressiva (vor allem Trizyklika, Mirtazapin)
Neuroleptika (Olanzapin, Clozapin, Quetiapin)
Antidiabetika (Insulin, Sulfonylharnstoffe, Glitazone)
Glukokortikoide (Cortison-Präparate)
Betablocker (bestimmte Vertreter)
Antiepileptika (Valproat, Gabapentin)
Hormonelle Kontrazeptiva (bei manchen Frauen)
Für Dich wichtig
Depression und Adipositas:
Die Beziehung ist bidirektional: Depression erhöht Dein Adipositas-Risiko um 58%, Adipositas erhöht Dein Depressionsrisiko um 55%.¹⁰
Binge-Eating-Störung (BES):
Bei 20-30% der Menschen mit Adipositas liegt eine BES vor – gekennzeichnet durch wiederkehrende Essanfälle ohne kompensatorische Maßnahmen.²
Chronischer Stress:
Dauerhaft erhöhte Cortisol-Spiegel fördern viszerale Fetteinlagerung an Deinem Bauch und steigern Dein Verlangen nach hochkalorischen Lebensmitteln.²
Emotionales Essen:
Nahrung wird zur Bewältigungsstrategie bei Stress, Angst, Trauer oder Langeweile.
Obesogene Umwelt:
Unsere moderne Gesellschaft ist "adipogen" – sie begünstigt Gewichtszunahme durch:
Ständige Verfügbarkeit hochverarbeiteter, energiedichter Lebensmittel
Große Portionsgrößen
Bewegungsarme Lebensweise (Auto, Fahrstuhl, Bürojobs)
Schlafmangel (< 7 Stunden erhöht Adipositas-Risiko um 50%)¹¹
Schichtarbeit (stört Deinen zirkadianen Rhythmus)²
Sozioökonomischer Status:
In Deutschland besteht ein starker Zusammenhang: Je niedriger Dein Bildungsstand und Einkommen, desto höher Dein Adipositas-Risiko. Bei Frauen ist der Effekt besonders ausgeprägt.²
Pränatale Prägung:
Dein Adipositas-Risiko wird teilweise bereits im Mutterleib festgelegt:
Mütterliches Übergewicht in der Schwangerschaft
Gestationsdiabetes
Über- oder Unterernährung während der Schwangerschaft¹²
Frühe Kindheit:
Stillen schützt (Risikoreduktion um 20-30%)
Übermäßige Gewichtszunahme im ersten Lebensjahr erhöht Dein Risiko
"Adiposity Rebound" vor dem 5. Lebensjahr ist Risikofaktor¹²
Aktuelle Forschung (ETH Zürich, November 2024)
5. Komorbiditäten: Welche Erkrankungen mit Adipositas einhergehen
Adipositas als Risikofaktor für über 200 Folgeerkrankungen
Die S3-Leitlinie betont: "Adipositas ist mit zahlreichen Begleit- und Folgekrankheiten assoziiert, die viele Organe und Funktionen betreffen können."² Das Risiko steigt mit:
Höherem BMI
Längerer Krankheitsdauer
Bauchbetonter Fettverteilung
Genetischer Prädisposition
Risiko nach Wahrscheinlichkeit (WHO-Klassifikation)
Sehr hohes Risiko
Typ-2-Diabetes mellitus
Bei BMI 30-35: 5-10fach erhöhtes Risiko
Bei BMI > 35: 10-20fach erhöhtes Risiko
80% der Typ-2-Diabetiker haben Übergewicht/Adipositas
Jede BMI-Einheit Zunahme im Alter 25-40 erhöht Dein Diabetes-Risiko um 25%¹³
Nicht-alkoholische Fettleber (MASLD/MASH)
Bei Adipositas: 70-80% Prävalenz
10% entwickeln Leberzirrhose
Erhöhtes Risiko für hepatozelluläres Karzinom²
Schlafapnoe-Syndrom
Bei BMI > 30: 40% Prävalenz
Enger Zusammenhang: Pro 10 kg Gewichtszunahme steigt Dein Apnoe-Risiko um 32%¹⁴
Gonarthrose (Kniegelenkverschleiß)
Mechanische Überlastung + entzündliche Prozesse
Bei Adipositas: 4-5fach erhöhtes Risiko²
Hohes Risiko
Hypertonie (Bluthochdruck)
75% der Menschen mit Adipositas haben erhöhten Blutdruck
Pro 10 kg Gewichtszunahme steigt Dein systolischer Blutdruck um 3 mmHg²
Koronare Herzkrankheit (KHK) & Schlaganfall
Viszerales Fett besonders kritisch
Entzündungsprozesse schädigen Deine Gefäße
Bei BMI > 30: doppeltes Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse²
Dyslipidämie
Erhöhte Triglyzeride
Erniedrigtes HDL-Cholesterin ("gutes" Cholesterin)
Erhöhtes LDL-Cholesterin²
Gicht (Hyperurikämie)
Erhöhte Harnsäureproduktion
Verminderte Ausscheidung
Bei Adipositas: 2-3fach erhöhtes Risiko²
Erhöhtes Risiko
Krebserkrankungen
Adipositas erhöht Dein Risiko für 13 Krebsarten¹⁶
Dickdarm-, Leber-, Gallenblasenkrebs
Bauchspeicheldrüsenkrebs, Nierenzellkarzinom
Postmenopausaler Brustkrebs, Endometriumkarzinom
Fertilitätsstörungen
Frauen: Zyklusstörungen, PCOS, erhöhtes Fehlgeburtsrisiko
Männer: Reduzierte Spermienqualität, erektile Dysfunktion²
Psychische Erkrankungen
Depression: 55% erhöhtes Risiko bei Adipositas¹⁰
Angststörungen, Essstörungen (BES)
Soziale Isolation durch Stigmatisierung²
Hast Du bereits eine oder mehrere dieser Begleiterkrankungen?
Ab BMI 27 mit Komorbiditäten ist eine medikamentöse Therapie möglich. Prüfe Deine Eignung.
Das metabolische Syndrom: Das tödliche Quartett
Besonders gefährlich ist die Kombination aus:
1
Abdominelle Adipositas (Bauchumfang ♂ > 94 cm, ♀ > 80 cm)
2
Hypertonie (≥ 130/85 mmHg)
3
Erhöhte Nüchternglukose (≥ 100 mg/dl)
4
Dyslipidämie (Triglyzeride ≥ 150 mg/dl, HDL ♂ < 40, ♀ < 50 mg/dl)
Bei Vorliegen von 3 der 5 Kriterien: Metabolisches Syndrom
Folge: 5-10fach erhöhtes Risiko für Typ-2-Diabetes, 2-3fach erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse¹⁷
6. Diagnostik: Wie wird Adipositas festgestellt?
Anthropometrische Messungen
1. Body-Mass-Index (BMI)
Screening-Tool der ersten Wahl
Berechnung: Gewicht (kg) ÷ Größe (m)²
Limitationen bereits beschrieben (siehe Kapitel 2)
Sehr wichtig
2. Bauchumfang (Waist Circumference)
So misst Du korrekt:
Morgens nüchtern
Stehend, entspannte Atmung
Maßband horizontal auf Höhe des Bauchnabels
Nicht einatmen oder Bauch einziehen
Grenzwerte:²
Frauen:
> 80 cm erhöht, > 88 cm stark erhöht
Männer:
> 94 cm erhöht, > 102 cm stark erhöht
3. Waist-to-Hip-Ratio (WHR)
Verhältnis Taillenumfang zu Hüftumfang
Frauen: > 0,85 = Apfeltyp (risikoreich)
Männer: > 1,0 = Apfeltyp (risikoreich)
4. Waist-to-Height-Ratio (WHtR)
Taillenumfang geteilt durch Körpergröße
Grenzwert: > 0,5 = erhöhtes Risiko
Vorteil: Unabhängig von Geschlecht und Alter²
Labordiagnostik
Basisprogramm bei Adipositas:²
Glukosestoffwechsel
Nüchternglukose
HbA1c (Langzeitblutzucker)
Optional: Oraler Glukosetoleranztest (oGTT)
HOMA-Index (Insulinresistenz): Wert > 2,5 auffällig¹⁸
Lipidstoffwechsel
Gesamtcholesterin
LDL-Cholesterin
HDL-Cholesterin
Triglyzeride
Leberwerte
GOT (AST), GPT (ALT), Gamma-GT
Bei Verdacht auf Fettleber: Fibrosemarker (FIB-4, NAFLD Score)
Weitere Parameter
Nierenfunktion (Kreatinin, eGFR)
Schilddrüse (TSH)
Entzündungsmarker (hs-CRP)
Harnsäure
Weitere Diagnostik bei Komorbiditäten
Kardiovaskuläres System
Ruhe-EKG, 24h-Blutdruckmessung, bei Indikation: Echokardiographie, Belastungs-EKG²
Schlafapnoe-Screening
Anamnestisch: Schnarchen, Tagesmüdigkeit, Atemaussetzer? Bei Verdacht: Polysomnographie (Schlaflabor)²
Psychische Komorbidität
Screening auf Depression (PHQ-9), Screening auf Essstörungen (z.B. EDE-Q)²
7. Der Unterschied: Übergewicht vs. Adipositas
Mehr als nur eine Zahl: Der qualitative Unterschied
Viele Menschen verwenden die Begriffe "Übergewicht" und "Adipositas" synonym – medizinisch ist das nicht korrekt.
Übergewicht
(Präadipositas)
Definition:
BMI 25,0 – 29,9 kg/m²
Charakteristika:
Erhöhtes, aber moderates Gesundheitsrisiko
Oft noch keine manifesten Erkrankungen
Gewichtsreduktion durch Lebensstiländerung meist noch gut möglich
Keine chronische Erkrankung im engeren Sinne²
Behandlungsbedürftigkeit:
Abhängig von Begleitfaktoren. Bei Bauchumfang im Normalbereich + keine Komorbiditäten: Beobachtung, Prävention. Bei erhöhtem Bauchumfang oder Risikofaktoren: Intervention empfohlen.²
Adipositas
(Chronische Erkrankung)
Definition:
BMI ≥ 30,0 kg/m²
Charakteristika:
Anerkannte chronische Erkrankung
Deutlich erhöhtes bis sehr hohes Gesundheitsrisiko
Häufig bereits Begleiterkrankungen vorhanden
Spontane Remission extrem selten (< 1%)
Biologische Mechanismen erschweren Gewichtsreduktion massiv³
Behandlungsbedürftigkeit:
Ja, immer! Die S3-Leitlinie ist eindeutig: "Bei Adipositas besteht generell eine Indikation zur Therapie."²
Der entscheidende Unterschied für Dich
Übergewicht:
"Ich sollte abnehmen, um gesund zu bleiben."
→ Prävention steht im Vordergrund
Adipositas:
"Ich brauche Unterstützung, um meine chronische Erkrankung zu behandeln."
→ Therapie ist medizinisch notwendig
Das Problem der Selbstwahrnehmung
Viele Menschen mit Adipositas sehen sich als "ein bisschen übergewichtig" und unterschätzen den Handlungsbedarf. Die gesellschaftliche Stigmatisierung verstärkt dies: "Ich müsste mich einfach mehr anstrengen."
"Bei Adipositas sind biologische Barrieren so stark, dass Willenskraft allein nicht ausreicht. Du brauchst professionelle Hilfe – und das ist keine Schwäche, sondern medizinisch vernünftig."
— Wissenschaftliche Realität
8. Wann ist eine Behandlung medizinisch notwendig?
Klare Indikationen laut S3-Leitlinie 2024
Die Deutsche Adipositas-Gesellschaft definiert präzise, wann Du eine Therapie benötigst:²
Absolute Behandlungsindikation:
1. BMI ≥ 30 kg/m²
Unabhängig von Begleiterkrankungen liegt eine Behandlungsindikation vor
2. BMI 25-29,9 kg/m² MIT einer der folgenden Bedingungen:
Bauchumfang erhöht (♀ > 88 cm, ♂ > 102 cm)
Adipositas-assoziierte Komorbiditäten (Diabetes, Hypertonie, Dyslipidämie, Schlafapnoe, etc.)
Hohes kardiovaskuläres Risiko
Metabolisches Syndrom²
3. Persönlicher Leidensdruck
Auch wenn keine medizinischen Kriterien erfüllt sind: Starker psychischer Leidensdruck kann eine Behandlungsindikation darstellen.
Therapieziele: Individuell und realistisch
Primärziel: Nicht zwingend "Normalgewicht", sondern:
5-10% Gewichtsreduktion führen bereits zu deutlichen gesundheitlichen Verbesserungen:
Blutdrucksenkung um 5-10 mmHg
Verbesserung der Insulinsensitivität
Reduktion von Entzündungsmarkern
Verbesserung der Lebensqualität²
Sekundärziele:
Verbesserung/Normalisierung von Komorbiditäten
Steigerung der körperlichen Leistungsfähigkeit
Verbesserung der Lebensqualität
Langfristige Gewichtsstabilisierung²
Wichtig für Dich
Wann ist medikamentöse Therapie indiziert?
Laut S3-Leitlinie bei:²
1. BMI ≥ 30 kg/m²
Nach erfolgloser konservativer Therapie (3-6 Monate)
2. BMI ≥ 27 kg/m² MIT Komorbiditäten
Insbesondere bei: Typ-2-Diabetes, Prädiabetes/Insulinresistenz, Arterieller Hypertonie, Dyslipidämie, Obstruktivem Schlafapnoe-Syndrom, Nicht-alkoholischer Fettleber
Kontraindikationen beachten
• Schwangerschaft/Stillzeit
• Schwere psychiatrische Erkrankungen (instabil)
• Aktive Essstörungen (Anorexie, Bulimie)
• Substanzmissbrauch
• Medullares Schilddrüsenkarzinom (persönlich/familiär) für GLP-1-Agonisten²
Wann ist Adipositaschirurgie indiziert?
Laut S3-Leitlinie bei:²
1. BMI ≥ 40 kg/m²
Unabhängig von Komorbiditäten
2. BMI ≥ 35 kg/m² MIT schweren Komorbiditäten
Insbesondere: Typ-2-Diabetes (schlecht einstellbar), Schwere Schlafapnoe, Adipositas-Hypoventilationssyndrom, Schwere Gelenkerkrankungen
3. BMI 30-34,9 kg/m² MIT Typ-2-Diabetes
In Einzelfällen bei unzureichender konservativer Therapie (metabolische Chirurgie)²
9. Behandlungsoptionen im Überblick
Die Therapie-Pyramide der Adipositas-Behandlung
Die Behandlung von Adipositas folgt einem Stufenschema – von Basismaßnahmen bis zu intensiven Interventionen:
STUFE 1
Multimodale Basistherapie
Erste Wahl bei allen Patienten
Bestandteile:
Ernährungstherapie: Kaloriendefizit 500-800 kcal/Tag, ausgewogene Nährstoffzufuhr
Bewegungstherapie: 150-300 Min./Woche moderate Aktivität + Krafttraining
Verhaltenstherapie: Psychologische Unterstützung, Essverhaltensänderung²
Erfolgsrate
5-10% Gewichtsverlust in 6-12 Monaten
Langfristiger Erfolg
Nur 20-30% (> 2 Jahre)²
STUFE 2
Pharmakotherapie
Adjuvant zur Basistherapie
Zugelassene Wirkstoffe in Deutschland:
GLP-1-Rezeptoragonisten:
.jpg)
Wegovy®
~15%
Gewichtsverlust
Wöchentliche Injektion

Mounjaro®
~20-22%
Gewichtsverlust
Wöchentliche Injektion

Saxenda®
~8%
Gewichtsverlust
Tägliche Injektion
Wirkmechanismus:
Zentrale Appetitkontrolle
Verzögerte Magenentleerung
Verbesserung der Insulinsensitivität
Kardiovaskulärer Schutz²
"In der Pharmakotherapie der Adipositas gibt es seit kurzem eine fulminante Entwicklung mit neuen GLP-1-basierten Pharmaka, die eine eindrucksvolle Senkung des Körpergewichts zeigen und eine Besserung von Begleit- und Folgekrankheiten belegen."
— S3-Leitlinie 2024
STUFE 3
Adipositaschirurgie
Bei schwerem Verlauf
Verfügbare Verfahren:
Schlauchmagen (Sleeve Gastrectomy)
60-70% Übergewichtsverlust
Roux-en-Y-Magenbypass
65-75% Übergewichtsverlust
Omega-Loop-Bypass (Mini-Bypass)
Ähnlich Roux-en-Y
Gewichtsreduktion
25-35% des Ausgangsgewichts
Diabetes-Remission
60-80%²
Ergänzende Therapieoptionen
E-Health/Digitale Gesundheitsanwendungen
Apps zur Ernährungs- und Aktivitätskontrolle, telemedizinische Betreuung, Online-Gruppenprogramme. S3-Leitlinie: "E-Health-Interventionen können als Ergänzung wirksam sein."²
Psychotherapie
Bei Essstörungen (BES) unerlässlich, bei Depression/Angst begleitend. Kognitive Verhaltenstherapie am besten untersucht.²
Rehabilitationsmaßnahmen
Stationäre/ambulante Adipositas-Reha, multimodales Programm über 3-12 Monate. Für schwere Fälle mit Komorbiditäten.²
10. Dein nächster Schritt
Adipositas ist behandelbar – aber Du musst den ersten Schritt gehen
Die gute Nachricht: Adipositas ist keine unabwendbare Erkrankung. Mit den richtigen Therapieansätzen kannst Du Dein Gewicht reduzieren und Deine Gesundheit deutlich verbessern.
Die ehrliche Nachricht: Es ist nicht einfach. Die biologischen Mechanismen arbeiten gegen Dich, und reine Willenskraft reicht nicht. Du brauchst professionelle Unterstützung.

Was Du jetzt tun kannst:
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Informiere Dich
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Häufige Bedenken – und warum sie Dich nicht abhalten sollten
"Ist das nicht zu teuer?"
→ Unbehandelte Adipositas kostet Dich mehr: Folgeerkrankungen, Arbeitsunfähigkeit, reduzierte Lebensqualität. Investition in Deine Gesundheit zahlt sich aus.
"Schaffe ich das nicht auch alleine?"
→ Studien zeigen: 80-95% scheitern langfristig ohne professionelle Hilfe.² Das liegt nicht an Dir, sondern an der Biologie.
"Was denken andere?"
→ Adipositas ist eine anerkannte Erkrankung. Du würdest Diabetes oder Bluthochdruck auch behandeln lassen. Gleiches gilt hier.
"Sind Medikamente nicht gefährlich?"
→ Moderne GLP-1-Agonisten sind gut erforscht, zugelassen und unter ärztlicher Aufsicht sicher. Das Risiko unbehandelter Adipositas ist deutlich höher.²
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Zusammenfassung: Die 10 wichtigsten Fakten über Adipositas
Adipositas ist eine chronische Erkrankung, keine Frage der Disziplin – anerkannt von WHO und medizinischen Fachgesellschaften.
BMI ≥ 30 kg/m² definiert Adipositas, aber Bauchumfang ist mindestens genauso wichtig für Deine Risikoeinschätzung.
Multimodale Ursachen: Genetik (40-70%), Hormone, Stoffwechsel, Psyche, Umwelt – es gibt nicht "die eine" Ursache.
Über 200 Folgeerkrankungen sind mit Adipositas assoziiert – Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs, Gelenkverschleiß.
Behandlungsindikation besteht bei BMI ≥ 30 oder BMI ≥ 27 mit Komorbiditäten – Du solltest handeln.
5-10% Gewichtsreduktion bringen bereits deutliche gesundheitliche Verbesserungen – Du musst nicht "schlank" werden.
Konservative Therapie allein reicht oft nicht: Nur 20-30% haben langfristigen Erfolg, biologische Barrieren sind massiv.
Medikamentöse Therapie mit GLP-1-Agonisten zeigt 10-22% Gewichtsreduktion – ein Paradigmenwechsel in der Behandlung.
Adipositaschirurgie bei BMI ≥ 40 oder BMI ≥ 35 mit Komorbiditäten – effektivste Option bei schwerem Verlauf.
Je früher Du handelst, desto besser – warte nicht, bis schwere Komplikationen auftreten. Deine Gesundheit ist es wert.
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[1]
World Health Organization (WHO): "Obesity: Preventing and managing the global epidemic" (1997). Technical Report Series 894.
https://www.who.int/publications/i/item/9241208945[2]
Deutsche Adipositas-Gesellschaft (DAG) e.V.: "S3-Leitlinie Adipositas - Prävention und Therapie, Version 5.0" (Oktober 2024). AWMF-Register Nr. 050/001.
https://register.awmf.org/assets/guidelines/050-001l_S3_Praevention-Therapie-Adipositas_2024-10.pdf[3]
ETH Zürich: "Ursache des Jo-Jo-Effekts entschlüsselt – Fettzellen haben ein Gedächtnis, das auf Epigenetik beruht" (18.11.2024).
https://ethz.ch/de/news-und-veranstaltungen/eth-news/news/2024/11/medienmitteilung-ursache-des-jo-jo-effekts-entschluesselt.html[4]
Bayerischer Rundfunk (BR24): "Fett ist nicht gleich Fett: Warum Bauchfett so gefährlich ist" (26.01.2025).
https://www.br.de/nachrichten/wissen/fett-ist-nicht-gleich-fett-warum-bauchfett-so-gefaehrlich-ist,UaVLWNz[5]
Robert Koch-Institut (RKI): "Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland (DEGS1)" (2008-2011).
https://www.rki.de/DE/Content/Gesundheitsmonitoring/Studien/Degs/degs_node.html[6]
Medizinische Hochschule Hannover (MHH): "Adipositas ist therapierbar, aber nicht heilbar" - Interview Prof. Martina de Zwaan (2024).
https://www.mhh.de/presse-news-detailansicht/adipositas-ist-therapierbar-aber-nicht-heilbar[7]
Deutsche Adipositas-Gesellschaft: "Genetische Ursachen der Adipositas" - Fachinformation (2024).
https://adipositas-gesellschaft.de/[8]
Springer Link: "Lange bestehende Hormonveränderungen nach Gewichtsverlust" - Sumithran et al. (2012).
https://link.springer.com/article/10.1007/s11428-011-0843-4[9]
Bioscientia: "Insulinresistenz erkennen - Ursachen & Symptome" (2024).
https://www.bioscientia.de/service/gesundheitsthemen/insulinresistenz-erkennen/[10]
Meta-Analyse: Luppino FS et al. "Overweight, Obesity, and Depression: A Systematic Review and Meta-analysis of Longitudinal Studies" Archives of General Psychiatry 2010;67(3):220-229.
[11]
Patel SR, Hu FB: "Short Sleep Duration and Weight Gain: A Systematic Review" Obesity 2008;16:643-653.
[12]
DZD - Deutsches Zentrum für Diabetesforschung: "Typ-2-Diabetes: Neue Hinweise bestärken die Bedeutung von Übergewicht für Spätfolgen" (20.01.2021).
https://www.dzd-ev.de/artikel/typ-2-diabetes-neue-hinweise-bestaerken-die-bedeutung-von-uebergewicht-fuer-spaetfolgen[13]
PubMed: "Body mass index history and risk of type 2 diabetes: results from the European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition (EPIC)-Potsdam Study" (2006).
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/16895894/[14]
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DocMedicus Gesundheitslexikon: "HOMA-Index" (24.08.2025).
https://www.gesundheits-lexikon.com/Labormedizin-Labordiagnostik/Glukosestoffwechsel/HOMA-IndexBin ich für MizeBody geeignet?
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